Das Thema “US Cloud Unternehmen”&digitale Souveränität ist ja gerade aufgrund der verrückten Orange, aber auch aufgrund der Speichelleckerei der großen Tech Konzerne wieder mehr in aller Munde.
Was viele dabei nicht wissen: Dienste für den eigenen Bedarf selber hosten ist ganz einfach - das kann wirklich jeder der nur ein bisschen technischen Sachverstand hat.
Womit?
Mit Proxmox!
_Was ist Proxmox? _
Proxmox ist eine auf Debian-Linux basierende Virtualisierungsplattform. Sprich: Ein System,auf dem man virtuelle Maschinen und Container laufen lassen kann,also um es ganz platt auszudrücken “viele Betriebssysteme und Dienste” auf einem Rechner.
Ist das nicht kompliziert? Linux Server,dass klingt nach CLI und vielen komplizierten Dingen!
Nein,eben nicht. Denn es gibt mittlerweile für viele Anwendungen die sogenannten Proxmox Community Scripts. Dieses Projekt wurde einst vom mittlerweile verstorbenen TTeck (RIP!) begonnen und stellt Installationsscripte für jede Menge Anwendungen bereit. Hierfür muss nur eine Zeile Code in die Shell des Proxmox Systems kopiert werden, der Rest erfolgt dann mit wenigen Eingaben fast automatisch. Diese Scripte gibt es mittlerweile für über 300 Anwendungen und Aufgaben.
Worauf installiere ich sowas?
Auf fast allem. Ein alter Rechner oder, am besten, ein MiniPC. Es gibt geeignete ThinClients bei Ebay mittlerweile für 80€, tlw. gibt es aber von chinesischen Herstellern (Acemagic,Minisforum,etc.) geeignete Geräte neu ab 130€ - je nach Leistungsanforderungen. Die Installation erfolgt dann über eine grafische Shell vergleichbar mit Windows. Alternativ kann man auch einen Server bei Hetzner, Ionos und Konsorten mieten,da wird es aber schnell teuer (nicht jeder VPS kann Proxmox).
Okay,cool,aber was kostet der Kram?
Nix. Proxmox ist bei Nutzung der Community Repositories kostenfrei. Keine Funktionseinschränkungen, nur eine Meldung das man kein Abo hat(aber auch gegen diese gibt’s ein Community Script).
Was kann ich denn als Dienste selber hosten? Nur um ein paar populärere Beispiele zu nennen:
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Vaultwarden (Freie Variante des Passwortmanagers Bitwarden)
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Pihole/AdGuard als Werbeblocker für das gesamte Heimnetz
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Calibre Web als persönliche EBook Bücherei inkl. Unterstützung von EReadern.
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Paperless NGX als mächtige aber einfaches Dokumentenmanagementsystem
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Syncthing als Dropbox Ersatz
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Nextcloud als Online Office mit vielen Zusatzfunktionen - Kalender,ToDo,etc. (ggf. mit Memories auch als Google Photos Ersatz)
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Photoprism oder Immich als Google Photo Ersatz
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Natürlich ganz viele Dinge für den Download von Dingen;)
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Audiobookshelf als Hörbuch und Ebook Bücherei
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Deine persönliche Kameraüberwachung mit AgentDVR oder Shinobi
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Jede Menge Smarthome Kram wie HomeAssistant
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dein persönliches LLM mit Ollama/OpenWebUI
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Dein persönliches Haus ERP System Grocy oder die Rezeptsammlung Mealie
Wie komme ich den unterwegs an die Dienste ran?
Per VPN. Wirklich. Egal was viele Tutorials schreiben: Das öffentliche Hosten von Diensten ist kein Zuckerschlecken und braucht etwas Einarbeitung. Es geht-aber es ist eben nichts womit man anfangen sollte. Die gute Nachricht: Jede Fritzbox kann heute schnell und einfach gutes VPN bereitstellen,selbst mit DynDNS. Auch fast alle anderen Router können das. Und wenn nicht: Auch dafür gibt es Lösungen mittels Proxmox. Again: Bitte nicht einfach Dienste öffentlich bereit stellen wenn ihr nicht wisst was ihr tut.
Das ist mir immer noch zu kompliziert/ich will aber Dienste öffentlich bereit stellen ohne viel Aufwand!
In dem Fall kann ich Cloudron, ein “Management Interface für Container” sehr empfehlen. Kostet dann aber ab 2 Apps - fließt aber einer kleinen bayerischen Firma zu die hervorragende Arbeit leistet.
Ich sehe, zumindest für meinen Use Case, also für Home-Server-Kram, den Vorteil gegenüber Docker nicht. Proxmox ist deutlich ressourcenintensiver, oder?
Ich bin mehr oder weniger der einzige Nutzer meines Setups, abgesehen davon, dass meine Frau noch die Smarthome-Steuerung nutzt und gelegentlich was über Nextcloud mit anderen Menschen geteilt wird.
Naja aber ich lasse mich sehr gerne bekehren, wenn jemand es versuchen möchte!
Man kann die gleiche Logik auch bei Containern anwenden. Ich mache alles direkt mit systemd. Isolation der Dienste bekommt man damit auch hin, besonders mit DynamicUsers, PrivateTmp, ProtectHome usw. Ich finde, da haben echte virtuelle Maschinen schon eher eine Daseinsberechtigung, da dort der Grad der Isolation höher ist.
Ist halt immer eine Frage der persönlichen Präferenzen sowie eventuelle anderer Anforderungen. Container und VMs muss ich halt auch pflegen…
Ich nutze Proxmox als Zwischenschicht um andere Dienste in VMs zu nutzen. Das gibt mir snapshotting, portability für VMs und ich kann einfach mal was nebenan ausprobieren.
Die eigentlichen Dienste laufen in TrueNas, in Docker. Für mich eine gute Kombi nach einigen unterschiedlichen Modellen.
Vieles geht sicherlich auch mit Docker, allerdings eben oft nicht so komfortabel - gerade für den Anfänger sind Dinge wie Snapshots hilfreich,ebenso sind die Community Scripts einfacher und das durchreichen von Hardware.
Der weitere Vorteil ist die bessere Isolation der Dienste - Docker ohne root ist ja immer so ne Sache, viele Anfänger vergessen das. Ebenso sind Sachen wie ZFS schwieriger.
Ressourcen-mäßig sind LXC gegenüber Docker Containern kaum ein Unterschied - ich hab Container die brauchen minimal mehr als ihre Docker-Pendants,ich habe welche wo es umgekehrt ist. Macht am Ende wenig aus.
Am Ende führen viele Wege nach Rom, Anfängern würde ich aber aktuell tatsächlich Proxmox empfehlen.