(Nachtrag: hier stand ein missverständlicher Scherz. Nach Hinweis entfernt.)
Ich weiß, ich weiß: Differenzierte Befassung mit der AfD ist auch irgendwie verpönt. Aber nachdem Verteufeln und Beschimpfen jetzt eher nicht so dazu geführt haben, dass die Menschen weniger AfD wählen, scheint mir ein Strategiewechsel dringend geboten. Einige Ideen:
- Weg von dem schrägen Vorwurf, die AfD wolle “das System stürzen”. Das wollen Kommunisten, Sozialisten, Grüne Jugend und Teile “der Antifa” auch, schon weil “das System” die AfD erst ermöglicht hat. Bessere Idee: Das System nicht für unfehlbar halten, aber eigene Reformvorschläge bringen. Eine andere Welt ist nicht immer etwas Böses, denn sie muss nicht faschistisch sein. Das gilt es zu kommunizieren.
- Wir müssen uns vielleicht einfach damit abfinden, dass das kein Protest ist, wenn Deutsche in Massen Rechtspopulisten wählen. Die sind einfach wirklich alle rechts. Frage für’s Plenum: Wie hält man rechte Wähler davon ab, rechts zu wählen? Und wen sonst?
- Dazu tatsächlich ein konstruktiver Vorschlag: Nach der Wahlrechtsreform - also zur nächsten Bundestagswahl - kann es passieren, dass die CSU, dann ohne Ausnahme von der 5-Prozent-Hürde, allein nicht mehr in den Bundestag kommt. Das würde bedeuten, dass die AfD die stärkste Partei würde, da die CDU in Bayern nicht zur Wahl steht. Wenn die Reform so bestehen bleibt: Wäre es nicht taktisch klug, dafür zu werben, dass mehr Menschen die CSU wählen, um eine starke AfD zu verhindern?
- Binsenweisheit: Eine starke Rechte kann nur eine starke Linke verhindern. Dafür ist es dringend notwendig, dass die linken Parteien ihre Streitereien überwinden. Wenn CDU/CSU und AfD zusehends mehr Gemeinsamkeiten finden, ist es kaum überraschend, dass die Wähler sich nicht den Linken zuwenden, die medial vor allem damit beschäftigt sind, andere als “ihr seid gar keine richtigen Linken” zu verurteilen. Dem Wähler ist es erst mal egal, ob es “das richtige Links” ist, so lange es sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. So haben wir jetzt gerade das Phänomen, dass es mehrere unversöhnliche linke Gruppen gibt, die sich gegenseitig aus den Landtagen kegeln. Wem hilft das? Den Arbeitern sicher nicht.
Ich habe nicht die ultimative Antwort und mir Obiges überwiegend eben gerade erst spontan ausgedacht, aber “wir haben zu viel AfD” ist eine Feststellung, die mit Memes und Wehklagen kaum abgewendet werden kann. Ich hoffe auf einen produktiven Austausch. Die nächste Wahl ist nächstes Jahr und dann kann es zu spät sein.
also meine theorie, warum wir schon wieder kurz vorm faschismus stehen ist folgende: die menschen fühlen sich abgehängt bzw zurückgelassen von der gesellschaft. damit meine ich zum beispiel die eigene armut und/oder unzufriedenheit mit dem leben, während man in den sozialen medien die perfekten luxusleben sieht. oder zum beispiel schlimme ereignisse, die für manche nicht genug aufgearbeitet wurden, wie zb corona oder terroranschläge. das leben geht weiter, das thema verschwindet aus den medien aber man selbst knabbert immernoch hart daran. dazu kommt das immer härter werdende überleben, und die generelle unzufriedenheit in der gesellschaft, welche dazu führt das alle immer feindseeliger werden (einzelhandel kann ein lied davon singen). rechtspopulisten setzen genau an diesem gefühl an um ihre propaganda zuverbreiten: du bist nicht zurückgelassen, die gesellschaft ist nur am falschen weg und du hast es als einer der wenigen verstanden! ich glaube das bedürfnis nach “erklärung”, nach einem “leichten” und “einfachem” (aka gleichschaltung) leben ist ein großer faktor.
lösen könnte man das vermutlich, indem man den neoliberalismus endlich sein lässt und wirklich soziale politik betreibt, die einen großen faktor auf das “life” in work-life-balance lebt. wenn wir als gesellschaft wieder mehr zeit und ruhe haben weil nicht jede sekunde unseres lebens auf maximalen profit getrimmt wird können sich wieder gute soziale netze aufbauen. das ist denke ich das stärkste system gegen rechts, aber auch antikapitalistisch daher werden wir das nicht machen. liebe es.
edit: neoliberalismus ist das falsche wort aber mir fällt kein besseres ein. kapitalismus alleine ist es ja nicht, es ist auch dieses elendige “du musst nur genug grinden”-mindset, was cryptobros und co verbreiten.